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Hamburgs erste Kreuzfahrtschiffe

Foto-Zeitreise: So glamourös reisten Millionäre auf Hamburgs ersten Kreuzfahrtschiffen

Tempelartige Hallenbäder, gediegene Rauchersalons, Kinderzimmer mit Tiffany-Fenstern: Wer um 1900 zu den Gutbetuchten zählte und von Hamburg aus in See stach, brauchte weder auf Pomp noch auf Glamour zu verzichten. Um diese Zeit baute die Hamburger Reederei HAPAG nämlich ihre ersten dampfbetriebenen Kreuzfahrtschiffe – und schien sich mit jedem weiteren Koloss selbst zu übertreffen. Diese alten Fotografien zeigen, wie die Oberschicht in fast schon absurdem Saus und Braus von Hamburg aus die Ozeane bereiste. Willkommen an Bord, meine Herrschaften, der Schampus steht bereit!

TEXT: Susanne Krieg I FOTOS: Museum für Kunst & Gewerbe (Public Domain)

Im Salon der „König Wilhelm II“


Quelle: Museum für Kunst & Gewerbe (Public Domain)

 

Mit dem Dampfer König Wilhelm II konnten ab 1907 bis zu 1000 Passagiere von Hamburg nach Südamerika reisen. Wie gediegen es dabei in der 1. Klasse zuging, zeigt diese Aufnahme eines Salons mit einem Treppenaufgang, der Scarlett O’Hara alle Ehre gemacht hätte. Das Bild stammt – wie alle Fotos in diesem Beitrag – von dem Fotografen Heinrich Hamann. Ab 1906 durfte er für die HADAG auf den neuen Kreuzfahrtschiffen der Reederei mitreisen, um sie für opulente Werbebroschüren abzulichten. Johann Hamann, Heinrichs Vater, besaß im Gängeviertel eines der ersten Fotoateliers Hamburgs – weshalb ich über die Hamanns hier demnächst noch mehr berichten werde.

 

Die „Vaterland“: Schwimmbad mit Säulen

Quelle: Museum für Kunst und Gewerbe (Public Domain)

 

Der Transatlantikliner mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen Vaterland sollte 1914 wahrhaft neue Maßstäbe setzen – vor allem gegenüber den britischen Konkurrenzreedereien Cunard Line (ja, richtig, die mit der Queen Mary!) und White Star Line (baute die Titanic): Auf dem Koloss konnten bis zu 3.909 Passagiere nach New York reisen. Zudem ist die Vaterland bis heute das größte mit Kohlefeuerung betriebene Dampfschiff aller Zeiten. Der schwimmende Riese machte mit einem eigenen „Ritz-Carlton“-Restaurant, einem Palmengarten sowie Zigarren- und Blumengeschäften von sich reden. Das wohl mondänste Highlight: die Schwimmhalle im pompejanischen Stil. Wer die Treppe am hinteren Ende emporstieg, gelangte sogar in ein Dampfbad (sicher nur für männliche Besucher reserviert) … Als Reaktion auf die 1912 gesunkene Titanic trug die Vaterland an ihrem vorderen Mast übrigens einen riesigen Scheinwerfer, der bei Nacht den Fahrtweg ausleuchtete – mit einer Lichtstärke von 35.000 Kerzen.

 

Oberdeck-Vergnügen auf der „Kaiserin Auguste Viktoria“

Quelle: Museum für Kunst und Gewerbe (Public Domain)

 

Auch die Kaiserin Auguste Viktoria glich zu ihrer Zeit einem schwimmenden Grand Hotel: 1905 lief das HADAG-Schiff vom Stapel und war in Anwesenheit seiner Namenspatronin, der Kaiserin, höchstpersönlich getauft worden. Das Oberdeck wurde während der Überfahrt dabei, wie üblich, zur Comfort Zone der 1. Klasse. Hier vertrieb man sich, abseits der dunklen Schornsteinschwaden, mit Konversation, Tagebuchschreiben und harmlosen Spielen wie „Tellerwischen“ die müßige Zeit bis zum nächsten Käpt’ns Dinner. Ich kann mir vorstellen, dass je nach Wetterlage dabei auch der eine oder andere Hut abhanden kam…

 

Luxuskabinen auf der „Cincinnati“

Quelle: Museum für Kunst und Gewerbe (Public Domain)

 

Das Ozeanriese Cincinnati reiste ab 1909 für die HAPAG über den Nordatlantik. Die Oberschicht bezog Luxuskabinen mit großzügiger Raumaufteilung, die sogar mit eigener Chaiselounge im Wohnbereich aufwarteten. In den unteren Preisklassen reisten die Passagiere beengter. Sie mussten mit schmalen Stockbetten und einer spartanischen, verhältnismäßig ungemütlichen Ausstattung Vorlieb nehmen. Ob Heinrich Hamann folgendes Foto ebenfalls auf der Cincinnati schoß, ist jedoch unklar.

Quelle: Museum für Kunst und Gewerbe (Public Domain)

Die Barbiere auf der „Imperator“

Quelle: Museum für Kunst und Gewerbe (Public Domain)

 

Kaiser Wilhelm klatscht begeistert Beifall, als 1913 das neueste Flagschiff der HADAG, der Imperator, im Nieselregen vom Stapel ins Elbwasser gleitet. Und wieder hat die Hamburger Reederei einen absurden Rekord im Dock produziert: Dieses Mal ist es mit 268 Metern Länge und 30 Metern Breite sogar das größte Schiff der Welt. Gekostet hat es 40 Millionen Mark. Neben 4.000 Passagieren ist auch eine 1.200 Mann starke Besatzung mit an Bord – darunter jene beiden Barbiere auf dem Foto, die selbst den Herren in der 2. Klasse hingebungsvoll den Nacken ausrasieren und Bärte stutzen.

 

„Darf ich eine Zigarre reichen?“

Quelle: Museum für Kunst und Gewerbe (Public Domain)

 

Schwere Polsterstühle, gruppiert um massive Tische, unter der gläsernen Kuppel ein Gemälde des Hamburger Hafens: Wenn man es nicht besser wüßte, könnte man den Rauchersalon des Doppelschrauben-Schnelldampfers Deutschland auch für einen Raum in einer Villa am Elbhang halten. Ab 1900 pafften und diskutierten hier Herren, die auf dem Weg von Hamburg nach New York waren. Auf der Deutschland dauerte die Reise dabei selten länger als 5 Tage: Sie war der zweite deutsche Dampfer, der das Blaue Band“ gewann, den hartumkämpften Preis für die schnellste Atlantiküberquerung eines Passagierschiffes.

 

Kinderparadies

Quelle: Museum für Kunst und Gewerbe (Public Domain)

Das Spielzeug mussten die lieben Kleinen wahrscheinlich selbst mitbringen, doch dafür waren die Räumlichkeiten auf dem Ozeanriesen Deutschland, in denen sie während der Schiffsreise spielen durften, von erlesener Eleganz: Vor allem die Fenster mit der Tiffany-Verglasung fallen ins Auge – statt auf das Meer schauten die Kinder hier auf bunte Landschaften und Tiere. Und vielleicht gab es damals auch hin und wieder eine Lautsprecherdurchsage (nur, dass sie nicht durch die Ikea-Kantine sondern während des Käptn’s Dinner durch das Restaurant dröhnte): „Achtung, Achtung, der kleine Karl und die kleine Emmy möchten bitte aus dem Kinderparadies abgeholt werden!“

 

Die Kapitäne

 

Diese Männer trugen nicht nur Prinz-Heinrich-Mützen, sondern auch große Verantwortung: für all die Menschen, die sie Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Passagierschiffen der HAPAG (oder: Hamburg-Amerikanische Paketfahrt-Aktiengesellschaft) über die Ozeane beförderten. Für Albert Ballin, den Direktor der HAPAG, arbeiteten damals insgesamt 150 Kapitäne. Damit der Hamburger Reeder nicht durch den „Tüddel“ kam und „Schmidt 1“ von „Schmidt 2“ und „Schmidt 3“ unterscheiden konnte, ließ er alle seine Seeleute vom oben bereits erwähnten Hamburger Fotografen Heinrich Hamann ablichten. Zum Beispiel wie hier in Gruppen auf dem Sonnendeck. Aber er bat sie immer auch einzeln vor die Kamera: für seine eigenen Unterlagen musste nämlich jeder Kapitän einmal mit und einmal ohne Mütze fotografiert werden.

 

TIPP 1

Zu Albert Ballin, der als eines von 9 Kindern aus einem ärmlichen Haus zum Generaldirektor der HAPAG aufstieg und als der Erfinder der Kreuzfahrt gilt, gibt es übrigens noch bis zum April 2019 eine Sonderausstellung im Maritimen Museum. In meinem Blogbeitrag über Hamburger Treppenhäuser erfahrt ihr übrigens auch, welches Kontorhaus ursprünglich Ballins Namen trug, von den Nazi jedoch wegen seiner jüdischen Abstammung in „Meßberghof“ umbenannt worden war – und skandalöserweise bis heute so heißt…


TIPP 2

Wer einen 3D-Eindruck davon bekommen möchte, wie die Kabinen von Hamburgs historischen Kreuzfahrtschiffen aussahen, der sollte mal im Maritimen Museum in der Speicherstadt vorbeischauen. Auf Deck 6 sind nämlich Originalkabinen der “Hanseatic” (1930) und der “Sea Cloud II” ausgestellt. Zudem führt Euch meine mobile Foto-Safari „Hafenkante“ u.a. zur Überseebrücke (von wo früher viele Kreuzfahrten starteten) sowie auf die Cap San Diego am Baumwall – diese ist zwar kein Passagierschiff sondern ein Frachter aus den 1960ern, doch im Innern kann man ebenfalls ein tolles, plüschiges Interieur bestaunen.

Maritimes Museum, Koreastraße 1, 20457 Hamburg, Öffnungszeiten: 10-18 Uhr

 

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hallo

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