Lieblingsschiffe in Hamburg: Historische Dampfer, Segelboote und skurrile Barkassen
Schiffe gibt es in Hamburg viele… Mir haben es vor allem die älteren angetan: Schwimmende Denkmäler, Dampfer und Fähren mit Vergangenheit, mächtige Segelschiffe, die die Weltmeere bereisten oder ausrangierte Barkassen und Frachtkähne, die zu Restaurants, Partylocations oder sogar Gotteshäusern umfunktioniert wurden. Willkommen an Bord!
TEXT & FOTOS SUSANNE KRIEG
1. Die Rickmer Rickmers
Die Rickmer Rickmers liegt am Baumwall und ist kaum zu übersehen. Besonders interessant finde ich die Galionsfigur dieses Dreimasters. Gewöhnlich handelt es sich bei Galionsfiguren ja um Meerjungfrauen, Heilige oder respekteinflößende Tiere. Am Baumwall jedoch bewacht ausgerechnet ein kleiner Junge im Matrosenanzug den Bug: Der Enkelsohn des Bremer Reeders, der die Rickmer Rickmers bauen ließ. Der kleine Junge war dabei nicht nur Taufpate, sondern auch Namenspatron des Schiffes. Als es 1896 vom Stapel lief, war Rickmer gerade mal drei Jahre alt. Als er ein junger Mann war, brach der 1. Weltkrieg aus, die Portugiesen kaperten den Frachtsegler und funktionierten ihn zum Schulschiff um. Dabei wurde der Dreikäsehoch am Bug zwischenzeitlich durch Heinrich, den Seefahrer ersetzt. In den 1980ern holte Hamburg die Rickmer Rickmers dann zurück, ein Verein restaurierte sie. Dabei wurde auch die alte Galionsfigur nachgebaut. Und so hält heute wieder ein kleiner Knirps mit Matrosenkragen die bösen Mächte vom Schiff fern, falls es diese im Hafen überhaupt gibt.
– Bei den St. Pauli-Landungsbrücken 1a / Website / Google
2. Uwe
Am Strand von Blankenese ragt ein Schiffswrack wie ein alter schwarzer Zahn aus dem Wasser heraus. Auf dem Rumpf steht ein Name: Uwe. Vor über 40 Jahren ist Uwe hier gestrandet, weil er mit einem leckgeschlagenen Schiff zusammenstieß, als dieses zum Falkensteiner Ufer abdrehen wollte. Zwei Leute der Besatzung starben. Seitdem ragt Uwe wie eine warnende Erinnerung aus dem Wasser. Es gibt Gerüchte, die besagen, dass Uwe bald weg soll, damit hier dicke Pötte besser um die Kurve kommen… Ich hoffe, Uwe darf bleiben!
– Falkensteiner Ufer / Google Maps
3. Flussschifferkirche
Als ich mich vor Kurzem auf dem Bootssteg unmittelbar vor der Speicherstadt herum trieb, durfte ich mir ein ganz besonderes Boot endlich auch einmal von innen anschauen. Ein Herr hatte bemerkt, dass ich mich für die Flussschifferkirche, ein blau gestrichenes Boot interessierte. Es war der Diakon, der mir erlaubte, hinunter in den Schiffsbauch zu klettern. Ganz schön gemütlich da drinnen. An den Seiten finden sich Bänke, die wie Kojen wirken, an der Decke hängen alte Modelle von Segelschiffen. Der Frachtkahn, in dem sich diese Kirche befindet, wurde in den 1950ern umgebaut. Zu den Aufgaben der Flussschiffergemeinde gehört seitdem die Seelsorge. Mit einer kleinen Barkasse steuern Ehrenamtliche regelmäßig die Binnenschiffer in den Seitenarmen der Elbe an, bringen ihnen Tagespresse, Schokolade und das Angebot für Gespräche. Auf der Schiffskirche kann man sogar heiraten – vor der Kulisse der Speicherstadt! Die Mieten dienen dabei der Instandhaltung dieses kuriosen Kleinods.
– Hohe Brücke 2 / Website / Google Maps
4. Barkasse Hedi
Was nach Filterkaffee und Sahnebaiser klingt, ist das genaue Gegenteil. Tuckern die Hedi oder ihre Schwester Claudia los, glitzern Diskokugeln, das Bier steht kalt und glückliche Partypeople tanzen zu Musik aus scheppernden Lautsprechern. Sixties Soul, Punk, serbische Blasmusik, finnischer Tango, Latin Hubschrauber Soul, Shoegazer Pop, die Joy Division Tribute Night… Egal, gute Laune ist bisher jedes Mal mit an Bord gewesen, wenn ich dabei war und die Barkasse an Trockendocks, Schleusen, Tankern, Kränen und Elbphilharmonie vorbeischippert … Wenn einem dann auch noch ein Hauch von Diesel in die Nase steigt und man sich selig an einem Getränk festhält, dann ist das pures Seefahrer*innenglück made in Hamburg!
– Sankt Pauli-Landungsbrücken, Brücke 10 / Website / Google Maps
5. Die MS Bergedorf⠀⠀⠀
Auf diesem Schiff werden echte Lokalspezialitäten wie zum Beispiel Labskaus und frischer Fisch aufgetischt. An Sonnentagen kann man diese sogar unter dem geöffneten “Cabriodach” auf dem Oberdeck genießen. Dabei hat sich die HADAG-Hafenfähre BERGEDORF früher einmal einen Namen als Pechvogel gemacht. Nach einer Schiffskollision in den 70er Jahren raste der kleine Dampfer 1982 im Nebel mit Vollgas gegen einen Ponton am Anleger Toller Ort. Nach einer Generalüberholung auf der Werft verbringt er nun seinen Lebensabend als Restaurantschiff im Museumshafen von Övelgönne, wo er von einem Verein gehegt und gepflegt wird. Die Fähre ist übrigens immer noch fahrtüchtig. Zu besonderen Anlässen wie z.B. bei Hafengeburtstagen oder beim jährlichen “Verkehrshistorischen Tag” geht die knuffige Dame auf große Fahrt. Mieten kann man sie auch!
-Ponton, Neumühlen / Website / Google Maps
6. Die Seute Deern
Von der Plaza der Elbphilharmonie aus sieht man ihn bereits: den Sandtorhafen (auch „Traditionsschiffhafen“ genannt). Vor mehr als 150 Jahren war er das erste künstlich angelegte Hafenbecken der Stadt. Am Ponton trifft heute alt auf neu. Inmitten moderner Bauten haben hier auch historische Schiffe festgemacht, auf denen man teilweise wieder in See stechen kann. Besonderer Blickfang ist die „Seute Deern“ (Plattdeutsch für „Süße Deern“): 40 Jahre lang schaukelte das weiße Schiff Touristen auf Nord- und Ostsee hin und her. Seit 2014 hat es in Top-Lage mit Blick auf die Elbphilharmonie festgemacht. Mal war es Eventlocation, mal Co-Working-Space. Im April 2021 ist es nun an einen Hamburger Reeder verkauft worden – mal sehen, welche Pläne der so für den schwimmenden Oldtimer hat…
— Sandtorhafen / Google Maps / Website
7. Die Viermastbark Peking
Habt ihr euch dieses restaurierte und letztes Jahr aus New York zurück gekehrte Schiff schon mal angesehen? Derzeit liegt die Peking am Bremer Kai im Hansahafen, direkt neben dem historischen Hafenmuseum-Schaudepot im Schuppen 50, kann aber wegen Ovid-19 bislang nur von der Kaikante aus betrachtet werden. Geplant ist, dass wir sie ab Herbst jedoch auch von innen besichtigen dürfen. Momentan geht das auf dieser Seite immerhin schon mal virtuell. Als die Viermastbark Peking noch unterwegs war, muss sie gestunken haben wie eine riesige Kloake… Was sie transportierte? Säcke voll beladen mit Guano aus Südamerika nach Europa. Guano ist Vogelkacke, u.a. von Pinguinen oder Möwen. Ihr Geruch ist bestialisch, aber sie bildet einen Naturdünger, mit dem schon die Inkas den Ertrag ihrer Felder erhöhten und der im 19. und 20. Jahrhundert in Europa ebenfalls sehr beliebt wurde. Mit dem Import machten Hamburger Kaufleute ein Vermögen. Jedes Mal, wenn die Peking in Südamerika neues Guano (oder auch Salpeter) holte, musste sie zweimal Kap Horn umsegeln – insgesamt brachte sie es auf 34 Umrundungen! Auch deswegen muss ihre Mannschaft hart gesotten gewesen sein…
– Australiastraße Schuppen 51a / Website / Google Maps
8. Die historischen Alsterdampfer
Am Jungfernstieg könnt Ihr in diverse historische Alsterdampfer steigen, wie z.B. die weiß-rote Ammersbek (im Bild zu sehen). Das eigentliche Highlight ist jedoch die “St. Georg”, das älteste noch fahrtüchtige Dampfschiff Deutschlands (Baujahr 1876), mit dem man in einer guten Stunde über die Binnen- und Außenalster bis zum Rondeelteich in Winterhude und wieder zurück fahren kann – eine Tour, die ein bisschen von der Zeit erzählt, als die Barmbeker tatsächlich noch mit dem Schiff über die Alster “in die Stadt” fuhren, weil das damals der schnellste Weg war … Übrigens: Wenn die Alsterdampfer unter der Lombardsbrücke hindurch schippern, solltet ihr an ihrer Südostseite auf eine gußeiserne Tür achten: Sie führt in das letzte noch erhaltene “Dampfboot-Wartezimmer” aus dem 19. Jahrhundert. Leider ist die Tür heute verriegelt. Dafür kommt Ihr an der Krugkoppelbrücke an zwei weiteren historischen Wartehäuschen vorbei, die man auch betreten darf:
– Jungfernstieg, Anleger 7 / Website / Google Maps
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