Hamburg im Regen: Wo man auch bei Schmuddelwetter seinen Spaß hat
Immer nur Sonne? Schön, aber auf Dauer auch langweilig. Echtes Hamburger Schietwetter dagegen kennt viele Facetten: Platzregen, Nieselregen, Graupelschauer, Wolkenbruch, Nebelschwaden… Aber jetzt mal im Ernst: Wofür gibt’s Regenjacken und Gummistiefel? Wenn dir eine frische Brise feine Tropfen ins Gesicht sprüht und dir den Kopf lüftet, wenn die Stadt glänzt und leuchtet, dann ist das kein Weltuntergang – zumal man sich in Hamburg bei schlechtem Wetter alles andere als grämen muss …
TEXT & FOTOS: SUSANNE KRIEG
Ab in die Tropen!
Das Wasser läuft in Rinnsalen über die Fensterscheiben und der Himmel hängt schwer wie eine Decke aus Blei über der Stadt? Zeit, in den Schaugewächshäusern des Botanischen Gartens in die warmen Klimazonen der Welt zu entfliehen und Wundersames zu bestaunen: die Mickey-Mouse-Pflanze aus Kenia zum Beispiel, deren dunkle Beeren tatsächlich an die Ohren der Walt Disney Ikone erinnern, oder den Kängurubaum aus Australien, dazu Mangroven und Palmen, Bambus und Bananen. Sukkulentenfans wie mir schlägt das Herz vor allem im letzten der fünf Glashäuser höher: Hier betritt man die Wüste, steht plötzlich inmitten von Kakteen aller Formen und Größen, Euphorbien, Bromelien, Agaven. Am liebsten würde man von allem gleich einen Ableger mitnehmen!
→ STANDORT: Jungiusstr. 1 I Mo-Fr 9 – 15.45 / 16:45 Uhr, Sa, So & Feiertage 10 – 15.45 bzw. 17.45 Uhr I Eintritt frei I Website / Google Maps .
Auf Kreuzfahrt durch den Hafen
Ready for boarding? Wenn’s pladdert, gondele ich gern mit den HVV Fähren durch die Gegend. Man könnte meinen, Hamburger Regentage seien nur dafür gemacht, gemütlich ganz vorn in der auf und ab schaukelnden Hafenfähre zu sitzen, während die Gischt gegen die Scheibe klatscht und sich Ufer, Kräne und Schiffe nur noch schemenhaft erahnen lassen. Dann stelle ich mir vor, wie früher für die Hafenarbeiter nach der Schicht schon das Bier bereit stand und an den Tischen der Fähren so lange Skat gezockt wurde, dass manch einer vergass, zu Hause auszusteigen… Finkenwerder, Teufelsbrück, Elbphilharmonie, Ernst-August-Schleuse, Argentinienbrücke – mit einer HVV Tageskarte könnt Ihr verschiedene Linien nach Herzenslust miteinander kombinieren und Eure individuelle Hafenrundfahrt zusammen basteln. Is’ doch großartig!
→ STANDORT: Landungsbrücken / Google
Käppen Lührs’ kuriose Kiste
Echte Krokodilstränen, ein 1,50 m langer Walpenis, der kleinste Kompass der Welt, Störtebeckers Holzbein. Das sind die Art Schätze, die sich in einem kleinen Kapitänshaus unten am Strand von Övelgönne stapeln. Die “Seekiste”, wie sich das Privatmuseum nennt, habe ich zum ersten Mal an einem nasskalten Sonntag letzten Winter besucht, als Tante Gitte zu Besuch in Hamburg war. Draußen pfiff der Wind um die Ecke. Hinter den Rüschengardinen des Museums fühlte man sich wie bei Frau Was auf Lummerland – nur, dass es nicht Frau Was war, die Geschichten erzählte, sondern Frau Lührs. Sie führte uns dabei durch die Raritätensammlung ihres verstorbenen Schwiegervaters, dem legendären “Käppen Lührs”. Der war nie zur See gefahren, sondern musste wegen einer Sehschwäche Bootsbauer werden. Während sein Bruder Max schräg gegenüber die “Strandperle” eröffnete, trug der Käppn aus lauter Fernweh kuriose Seefahrer-Mitbringsel aus aller Welt zusammen. In einem Raum seines Museums zimmerte er sich sogar eine richtige Kapitänskajüte mit Koje. Drumherum sponn er allerlei charmantes Seemannsgarn, genug, um die Gewitterwolken am Himmel komplett vergessen zu lassen.
→ STANDORT: Övelgönne 61 I Achtung: Besuch nur nach vorheriger Vereinbarung! Website I Google Maps
Endlich Platz, gaaanz viel Platz!
Wofür ich Hamburger Regentage am allermeisten liebe? Endlich hat man Platz! Orte, an denen man sich bei Sonnenschein durch die Massen kämpfen oder sich in endlosen Schlangen anstellen muss, sind bei Schietwetter wie leer gefegt. Wenn die Wolken tief hängen und der Regenradar Alarm schlägt, geht’s los! Regenjacke an und rauf aufs Rad. Denn nun heißt es: Freie Sicht, freie Platzwahl. Ich freue mich dann wie ein Honigkuchenpferd, wenn ich an die Hafenkante zur Brücke 10 fahre, der besten Fischbude der Stadt. Ich komme sofort dran. “Einmal Bismarckhering und eine Tasse Kaffee, bidde!” In aller Ruhe suche ich mir den schönsten Platz und genieße für eine Weile die Sicht auf das Dock 10. Niemand drückt mir ungeduldig seinen Teller in den Nacken. Bei Kaiserwetter passiert das nämlich meist schon nach wenigen Minuten…
→ STANDORT: Brücke 10, St. Pauli Landungsbrücken I Website I Google-Maps
Wes Anderson lässt grüßen
Hey, Wes! Solltest Du jemals vorhaben, in Hamburg einen Film zu drehen, nimm’ mich als Location-Scout! Ich weiß da ein paar Orte, die wären perfekt für Dich und Deine Werke! Zum Beispiel die Cap San Diego. Ein weißer Schwan aus Stahl, ab 1962 als Frachter für die Hamburg-Südamerikanische Dampfschiffahrtsgesellschaft auf dem Atlantik unterwegs. Vom Motorraum bis in die Luken wäre das Schiff der perfekte Ort, um dysfunktionale Familien auf Kreuzfahrt nach Rio zu schicken. Ich sehe schlitzohrige Stewards und greise Gräfinnen in Retro-Kabinen miteinander turteln, sinistre Killer durch den Salon im Midcentury-Stil schleichen und einen kulleräugigen Boy im lilafarbenen Anzug Handtücher auf die Mahagoni-Liegen des Pool Decks verteilen… Doch auch wenn Du einfach nur mal so in Hamburg sein solltest, lieber Wes, empfehle ich Dir einen Besuch auf dem größten, noch fahrtüchtigen Museumsfrachter der Welt. Du findest ihn an der Überseebrücke am Baumwall und eine Besichtigung lohnt sich besonders an regenschweren Tagen. Mehr Location-Tipps? Wenn Du hier bist, Wes! Just leave me a message.
→ STANDORT: Überseebrücke I Website I Google Maps
Wenn der Stadtpark wie ein Dschungel dampft …
Einem Hamburger Tief sollte man hin und wieder mit einem Hoch begegnen. Eines der schönsten Hochs im Regen habe ich auf der Plattform des Planetariums im Stadtpark erlebt. Ich war eigentlich gekommen, um mir einen 3D-Film im frisch renovierten Kuppelsaal anzuschauen. Aber wir waren zu früh. Beinahe wäre ich gar nicht zur Aussichtsplattform hinauf gefahren, weil es draußen wie aus Eimern schüttete und ich meinen Regenschirm schon an der Garderobe abgegeben hatte. Ich bin froh, dass ich es dennoch tat – hey, Frau Elbville ist ja nicht aus Zucker! Und Klamotten trocknen wieder…
→ STANDORT: Linnering 1 I Website I Google Maps
Spieglein, Spieglein
Ein Puddlegram ist die Kunst, eine Pfütze (englisch: „puddle“) und ihre Spiegelung in Szene zu setzen! Hamburg im Regen ist ein Eldorado für Pfützenfotos. Der Instagramer Kay Palapies alias @nordisch_by_nature_ widmet sogar weite Stecken seines Accounts der Pfützenfotokunst. Vor allem von den Landungsbrücken schwärmt er. „Durch das Anlegen der Hafenfähren wird immer wieder Wasser auf die Brücken gespült“, erklärt Kay auf dem Blog Hamburg Ahoi, so dass man dort sogar bei schönem Wetter Pfützen findet. Immer wenn es regnet, denke ich nun automatisch: “Na und? Wenigstens kann man nun großartige Puddlegrams schießen gehen!”
Das Schlaraffenland der Hanseaten
Erwischt mich unten am Hafen ein Schauer, nehme ich das zum Anlass in diesen Edelsupermarkt zu flüchten – selbst wenn ich eigentlich keine Lebensmittel brauche. Manchmal bin ich, zugegeben, auch nur zum Leutegucken da: Damen mit Perlenohrringen und Föhnwellen sitzen zur Mittagszeit am Bistrotisch, bestellen Scampipfanne und nippen Champagner. Männer in Steppjacken und Budapestern wandeln durch die begehbaren Kühlschränke. Suchen Sie etwas Bestimmtes? Kennen Sie unser Bisonfleisch? Haben Sie unseren kretischen Thymian schon probiert? Den Akazienhonig mit Tahitivanille, unsere essbaren Blumen? Ein paar Austern vielleicht? Oder lieber Schaufel vom South Dakota Weiderind? Die Fischtheke im Frischeparadies ist dabei wohl die schönste der Stadt. Sie zeigt 40 verschiedene Fischarten und Meerestiere. Ach, macht ja nix, wenn’s am Ende wieder nur für ein Franzbrötchen gereicht hat…
✓ Wo genau Ihr diesen Ort findet? Das erfahrt Ihr in meiner Foto-Tour „Hafenkante“, in der ich Euch an 17 weitere Foto-Hotspots zwischen Baumwall und Strandperle lotse!
Attraktionen, Attraktionen! Unterwegs mit dem 111er
Alle 20 Minuten transportiert die HVV-Buslinie 111 Fahrgäste von Altona über den Fischmarkt und die Landungsbrücken bis in die HafenCity. Dabei klappert sie insgesamt 16 Hamburger Sehenswürdigkeiten ab, wie z. B. das Altonaer Rathaus, die Reeperbahn, die Elbphilharmonie, die Speicherstadt… Angeblich gibt’s mit dem 111er alle 111 Sekunden eine echte Hamburgische Attraktion zu sehen – perfektes Sightseeing also, wenn es Bindfäden regnet. Und: Hamburg sieht doch auch hinter Tropfenscheiben auf Fotos irgendwie schön aus! Hier geht’s zum Tourenplan der HVV-Buslinie.
→ START: HafenCity Universität I Google Maps
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